Gaben des Geistes in der neutestamentlichen Gemeinde (Kurzbeschreibung)

von Willi Bergemann

Die Gnadengaben sind nicht schon unsere natürlichen Veranlagungen. Vielmehr werden sie den Menschen vom dreieinigen Gott für das Leben und zum Dienst in Gemeinde und Welt latent oder dauerhaft gegeben. Dies geschieht durch den heiligen Geist unmittelbar mit der Christuserfahrung (Apg.10,44) oder zu späterem Zeitpunkt. Sie können aber auch vom Gläubigen erweckt werden (2.Tim.1,6).

In allen Gaben des Geistes dient der erhöhte Herr uns, dienen wir ihm und dient er durch uns dieser Welt. So lässt er seine Nachfolger teilhaben an seiner Macht. Jeder hat etwas – Keiner hat alles – Alle zusammen haben alles!

Der griechische Begriff Charisma bedeutet Gnadengabe oder Geschenk und kommt im NT 17 mal vor: 10 mal in Singular und 7 mal im Plural: Röm.1,11; 5,15; 6,23; 1.Kor.1,7; 7,7; 2.Kor.1,11; 1.Tim.4,14; 2.Tim.1,6; 1.Petr.4,10; Röm.11,29; 12,4-31.

Von den 26 Gaben sind 8 Wortgaben, 5 Wort- und Tatgaben, 13 Tatgaben.

1. Prophetie. Sie wird auch als Weissagung bezeichnet. Als verständliches Reden in Verkündigung und Gespräch trifft das prophetische Wort die Gewissen und offenbart Verborgenes, oft verbunden mit Offenbarungen oder Visionen (Gesichten). Sie zeigt Ursachen und Wirkungen (Zusammenhänge) auf und gibt Weisung f ü r die Zukunft. Zum Inhalt der Prophetie gehören Ermahnung, Tadel, Lob und Trost. Wer prophetisch redet, steht nicht unter Redezwang. Gott redet zu uns nie prophetisch in fremden Sprachen, sondern immer verständlich. (Sieh auch Punkt 7 und 8).

1.Kor.12,10; 13,2; 14,29; Röm.12,6 – Mat.13,57; Apg.21,9; 2.Chron.20,14ff.

2. Vom Geist gewirkte Lehre bildet und beeinflusst Glauben (Dogmatik) und Leben (Ethik) der Zuhörer. Wer recht lehrt, achtet auf die Zusammensetzung des Publikums und vermittelt biblische Kenntnisse und geistliche Erkenntnis.

Röm.12,7; 1.Kor.14,26; Kol.3,16; Apg.19,8-10; Nehemia 8,8-18.

3. Wort der Weisheit meint nicht Wissen (siehe Lehre und Erkenntnis) sondern weises Leben im Reden und Handeln. Weisheit ist das Gegenteil von Unvernunft. Wem Weisheit mangelt, soll drum bitten. Erkenntnis ohne Weisheit ist Lieblosigkeit oder Fanatismus.

1.Kor.12,7-8; Kol.3,16; Luk.20,20-26; Apg.6,10; 1.Kön.3,16ff; Sprüche 4,7.

4. Wort der Erkenntnis ist das Sehen und Verstehen von theologischen oder persönlichen u.a. Zusammenhängen, darum wichtig für Predigt, Schriftauslegung und Seelsorge. Erkenntnis hilft richtige Diagnosen zu stellen. Tatsachen werden offenbar und Hilfen können gegeben werden. Jesus erkannte, was im Menschen war! 1.Kor.12,8; 13,2; Joh.2,25; 6,64; 13,11; 16,12-13; Apg.18,27-28.

5. Offenbarungen stehen oft im Widerspruch zum menschlichen Verständnis, darum werden sie oft angezweifelt. Das griechische Wort „Apokalypsis“ meint Hinwegnehmen einer Verhüllung. Es werden Einblicke in Geheimnisse der göttlichen Welt (auch in die Zukunft) gegeben. Der Seher hat eine gedankliche Schau in Visionen, Bildern, Gesichten, die der Auslegung bedürfen. Durch Unterscheidung der Geister, werden Irrgeister, Spinner und Träumer entlarvt.

1.Kor.14,26; Mat.1,19-25; 2,12; Phil.2,10-11; Offenbg. 1,7.

6. Das Gebet wird auch als geistliches Atmen bezeichnet und ist somit eine lebensnotwendige, allgemeine Gabe für jeden Gläubigen. Gebete finden ihre Ausprägung in Anbetung, Lobpreis, Dank, Bitte und Fürbitte. Als besondere Geistesgabe wird sie erkannt, wo Menschen wegen ihrer Hingabe und ihrer Glaubenskraft anhaltend und „erhörlich“ beten.

2.Kor.1,1; 1.Tim.2,1ff u. a..

7. Das Reden in Sprachen oder die Zungenrede ist ein vernehmbares oder nicht vernehmbares durch den heiligen Geist gewirktes Reden zu Gott in Lobpreis und Anbetung! Es geschieht in einer Sprache dieser oder der jenseitigen Welt, mit der der Redner (Beter) nicht vertraut ist. Meist ist es eine Neuschöpfung von Worten. Auch wenn der Verstand keine kontrollierende Wirkung hat, steht der Redner nicht unter Redezwang. Er vermag anzufangen, zu modulieren und aufzuhören. Sprachenrede ist nicht mystisches in sich versenken oder lallen. Sie hat nichts zu tun mit Gefühlsausbruch oder Ekstase, sondern ist ein normales Sprechen in einer fremden geistgewirkten Sprache. Die Echtheit lässt sich am Leben (am Geist) des Sprachenredners prüfen. Als „halbe Sprache“ ist sie auf Auslegung möglichst durch andere angewiesen. Wer selbst die Sprachenrede empfangen hat, soll um Auslegung bitten, nicht damit er seine eigne Spracherede auszulegen vermag, sondern die eines anderen.

Oft schiebt sich zwischen Sprachenrede und Auslegung eine Prophetie, also ein Spruch Gottes als Zuspruch oder Weisung. Eine Prophetie ersetzt aber nicht die Auslegung.

1.Kor.12,10; 28; 13,1; 14,26; Mk.16,17; Apg.2,4-13; 19,6-7; 1.Sam.1,12-16; Klagelieder 2,19.

8. Die Interpretation oder Auslegung. Die Sprachenrede aber auch Visionen und Bilder bedürfen der notwendigen Zusatzgabe der Auslegung, damit geistliche Äußerungen nicht unverständlich und damit fruchtlos, also unsinnig bleiben. Auslegung ist nicht plumpe Übersetzung von einer Sprache in die andere, sie klärt nicht, w a s jemand gesagt hat, sondern sie ist Erklärung, Verdeutlichung, verständliche Darstellung dessen, was Gott mit der Sprachenrede m e i n t. Darum ist die Sprachenrede manchmal kurz und die Auslegung lang oder umgekehrt eine lange Sprachenrede beinhaltet vielleicht nur einen Satz. Wenn die Gabe der Auslegung in der Gemeinde fehlt, soll der Sprachenredner seine Gabe nicht ausüben.

1.Kor.12; 13; 14.

9. Das Lied als Gabe. Das geistliche Singen ist ein besonderes Charakteristikum der urgemeindlichen Gottesdienste. Es sind Psalmen, Hymnen, Oden; Lieder der Anbetung, des Lobpreisens, des Dankes und der Freude. Sie sind entweder angesagte oder spontan angestimmte textlich, melodisch vorgefertigte Gesänge im Verstand (also bekannt und verständlich), oder inspirierte Gesänge, wo Texte und Melodien unmittelbar eingegeben werden oder es ist das Singen im Geist (das bedeutet auch leise oder laut in Sprachen). 1.Kor.14,16, 26; Eph.5,19; Kol. 3,16.

10. Die Gabe des Glaubens. Es ist nicht der allgemeine Rettungs- und Erlösungsglaube, sondern das außergewöhnliche, grenzenlose, manchmal wunderwirkende Vertrauen zu Gott. Zu den Folgen gehören Gebetserhörungen. Durch solchen Glauben wird Gott verherrlicht. 1.Kor.12,9; 13,2; Joh.3,6; Joh.11,20ff; Apg.3,16; Hebr.11,30; Josua 6.

11. Die Gaben der Seelsorge. Gott begabt durch seinen Geist Menschen dazu, um andere aufzurichten, zu ermahnen, zurechtzuweisen zurechtzubringen, zu trösten, zu stärken und ihnen Zuspruch geben zu können.

Röm.12,8: Kol.3,16; 1.Sam.23,16-23; Nehemia 8,10-12.

12. Die Unterscheidung der Geister. Eine für die Gemeinde Christi besonders wichtige Gabe, um göttliche, menschliche und widergöttliche (dämonische) Geister zu unterscheiden und zu beurteilen. Manche Gabenträger leiden unter dieser Gabe, weil sie Durchblicke bekommen, Erkenntnis gewinnen, Bosheiten aufdecken und entsprechend handeln müssen. Wichtigtuer können diese Gabe nicht bekommen. Jesus hat frommklingende Aussagen als dämonisch entlarvt (richtige Worte, Wahrheiten aus falschem Geist). Unverzichtbar ist diese Gabe beim Dienst am Kranken und für Gemeindevorsteher und Seelsorger, um falsche Propheten zu erkennen.

1.Kor.12,10; 2.Kor.11,14; Mk.5; Apg.5; 8,18-23; 16,16ff; 1.Joh.4,1.

13. Die Gaben der Leitung. Hier ist zu unterscheiden. Es gibt das kontinuierliche Leiten und Führen der Gemeinde und Gruppen durch entsprechend Gewählte und Berufene (statisches Leiten). Sie sind oft die vorangehenden, mitreißenden Vorbilder. Sie sollen die Gabe der Übersicht, der Weisheit und Erkenntnis haben, sowie die Gabe der Unterscheidung der Geister. Wünschenswert wäre auch eine Lehrbefähigung, sowie prophetische und seelsorgerische Gaben.

Gott begabt und beruft darüber hinaus solche, die sporadisch, fast unmerklich führen und leiten. Sie verstehen auf die Leitung des Geistes zu achten und sind berufen, mit ihren geistlichen Beiträgen in das Gemeindegeschehen einzugreifen (dynamisches Leiten).

Röm.12,8; 1.Kor. 12,28).

14. Gaben der Machttaten und Kraftwirkungen. Es ist die überwindende Kraft Jesu in Gläubigen, die in Zeiten großer Gefahr und in aussichtlosen Lagen durch Glauben, Gehorsam und vollmächtiges Handeln, Gottes Handeln bewirken. Es reicht von einfachen Gebetserhörungen und Heilungswundern über das Wirken von Naturwundern als Zeichen und Warnungen Gottes und vollmächtiges Gebieten bei Dämonenaustreibung (Exorzismus) bis zur Auferweckung von Toten.

1.Kor.12,10; Joh.2,1; Apg. 16,18; Richter 15,14-15; 1.Kön.18,20ff.

15. Die Gabe der Dämonenaustreibung. Als dauerhafte, meist aber sporadisch im konkreten Fall gegebene Gabe des Geistes, die unter dem Schutz der Gemeinde und sehr verantwortlich Anwendung finden soll. Der Gabenträger muss wissen, dass er in einen Bereich kommt, der möglicherweise von vielen Dämonen beherrscht wird. Markus 16,17.

16. Immunität als Gabe des Geistes. Gläubige, die Gott zu außergewöhnlichen Diensten beruft, leben unter dem Schutz Gottes. Sie brauchen sich nicht zu fürchten, wenn sie an Orte und in Gefahrenzonen oder zu Menschen kommen (nicht selbst gehen), wo Versuchung und Verführung möglich ist. Gott will durch ihre Unantastbarkeit und ihren Widerstand seine Macht erweisen. Siehe Daniel in der Löwengrube u.a.

Markus 16,18; Apg.28,3-6.

17. Gaben der Heilung. Meist wird die Gabe im Plural genannt. Diese Gaben gehören zu den meistbegehrten. Warum? Man möchte Gutes tun, verspricht sich Erleichterung für den Kranken, kann ein unbeschwertes Leben ermöglichen, hilft Kosten zu sparen. Dies sind falsche Motive zur Krankenheilung. Echte Motive sind: Mitleiden und Gottes Verherrlichung.

Heilungsgaben können einmal, öfter, wiederkehrend oder dauerhaft gegeben werden. Durch Gebet, Handauflegung und Salbung mit Öl werden Heilungsprozesse in Gang gesetzt. In vielen Abstufungen kann es zu zeitweisen, zu dauerhaften, zu Teil- oder Ganzheilungen kommen. Geistliche Krankenheilung schließt das Hinzuziehen von Ärzten, die Einnahme von Medikamenten und Operationen nicht aus. Das Ziel der Heilung ist: Geduld lernen, Tragkraft zu bekommen, Linderung, Hilfe, Besserung und Heilung zu erfahren. Art, Dauer und Stärke der Erkrankung spielen bei der Gabe der Heilung keine Rolle.

1.Kor.12,9; 28; Mk.16,17-18; Luk.17,14; Jak.5,14; Apg.5,5; 14,8-10; 28,8-10; 2.Kön.4,32ff.

18. Die Gaben der Diakonie. Man nennt sie auch die Gaben der Handreichung. Es geht um Dienen, Helfen und besonders um leibliches Versorgen. Mit seinem Wissen, können; Rat und Tat steht er denen zur Verfügung, die Hilfe brauchen. Er ist ein praktischer Missionar, der durch sein Handeln auf Christus weist.

1.Kor.12,28; Röm.12,7ff.

19. Die Gabe der Barmherzigkeit der Tat. Sie hat es ebenfalls mit Dienen zu tun. Es geht um stützen und unterstützen. Er ist ein Mensch, dem Gott ein erbarmendes Herz geschenkt hat. Der Barmherzige will und tut, oft unter eignen Opfern an Zeit, Kraft und Vermögen, immer das Beste, das er zu tun vermag.

Röm.12.8; Lukas 10,37.

20 Die Gaben der Hilfeleistung. Im weitesten Sinn ist es Verwaltung und Unterstützung. Mit seiner Gabe erbarmt sich der von Gott hierin Begabte derer, die bestimmte Dinge nicht mehr oder überhaupt nicht leisten können. Hierzu gehört auch das Verwalten von Gemeindeeigentum und der Umgang mit Geldern oder Kassen.

1.Kor.12,18; Röm.12,7a.

21. Die Gabe der Gastfreiheit. Gott gibt manchen Menschen die besondere Gabe gastfrei zu sein. Es sind Menschen, die anderen vertrauen und ihnen ihre Häuser und Herzen öffnen. Sie lassen sie ohne Angst teilhaben an dem, was Gott ihnen gegeben hat. Es sind Nachbarn, Reisende, Bedürftige, Flüchtlinge, Obdachlose u.a. Röm.12,12; 1.Petr. 4,9-10; Apg.16,15; 1.Mose 18,1-8.

22. Die Gabe der Mitteilung des irdischen Besitzes. Aus Liebe werden irdische Güter, wie Geld, Zeit und Kraft, Gott, dem erhöhten Herrn und der Gemeinde zur Verfügung gestellt zum Nutzen des Reiches Gottes und anderer. Finanzielle Opfer werden gebracht, das ganze Erbe, ja sogar das ganze Leben wird zur Verfügung gestellt, um die eigene Gemeinde und ihre Aufgaben oder Bedürftige, diakonische oder missionarische Werke zu unterstützen. Römer 12,1-8.

23. Die Gabe der Armut und des Verzichts. Manche haben die Gabe in Armut zu leben und das Leben mit den Armen der Welt zu teilen. Sie verlassen alles, was sie an Besitz haben und arbeiten in Slums und Elendsvierteln. Manche verzichten um Christi willen nicht nur auf finanzielle und gesellschaftliche Vorteile, sondern auch auf Ehepartner und Familie. 1.Kor.13,3.

24. Die Gabe des Martyriums. Hier geht es um die Hingabe des Leibes und des Lebens. Menschen mit dieser Gabe begeben sich in Gefahr um Christi willen. Ohne Scheu verkündigen sie Christus und halten an ihm fest auch unter zugefügten, qualvollen Schmerzen bis zum Tod.

1.Kor. 13b; Röm.16,3-4; Daniel 3,28.

25. Die Gabe der Ehe und der Ehelosigkeit. Ehe wird nicht von allen Christen als Gabe und Auftrag an der eigenen Familie und an der Gesellschaft gesehen. Aber Gott begabt und beruft viele, die als Eheleute ihre Aufgaben bekommen, erkennen und ausführen. Sie sind beispielhaft in einer Zeit, in der mehr als die Hälfte alle Ehen wieder geschieden werden.

Andere bleiben aus Berufung ohne Ehepartner, um allein für Gott und andere Menschen da zu sein und ihnen geistlich oder diakonisch zu dienen. 1.Kor. 7,7.

26. Die Gabe des ewigen Lebens. Zwar hat jeder, der zu Christus gehört das ewige Leben als Basisgabe. Wer aber das ewige Leben als besondere Gabe des Geistes empfangen hat, der lebt das ewige Leben praktisch. Er verhält sich hier so, als würde er ewig auf Erden leben. Er arbeitet, baut, pflanzt, genießt z.B. im Blick auf Gottes Reich und Christi Herrschaft. Er schaut nicht verzückt zum Himmel um gelangweilt und enttäuscht vom Leben die Wiederkunft Jesu herbeizusehnen. Sondern er weiß, dass Zeit und Datum niemand weiß. In großer Bereitschaft nützt er die Zeit, Menschen auf die Ewigweit, die auch schon in der Zeit gelebt werden soll, hinzuweisen.

Röm.6,23; Apg.12,5-7.